48 Kilometer Großglockner-Hochalpenstraße 

Wo Murmeltiere sonnenbaden und mampfen

Sie soll der Höhepunkt unserer Sommertour werden: die Fahrt zu Österreichs höchstem Berg, dem Großglockner. Doch warum wir uns so darauf freuen, haben wir keinem verraten. Wir haben nur zugehört und geschwiegen. Gestern - als uns Bekannte erzählten, dass die 48 Kilometer lange Hochalpenstrasse, die direkt bis an die Gletscherzunge des Glockners heran reicht, ein einmaliges Erlebnis sei. Wir haben nur genickt - als uns ein anderer Wohnmobilfahrer erklärte, das Panorama dort oben sei mehr als beeindruckend. Und wir haben nur "Jaja" gemurmelt - als unsere Eltern am Telefon meinten, es sei kein Problem auf der Hochalpenstrasse zu übernachten. Da kontrolliere eh keiner. Hätten wir sagen sollen, dass wir nur wegen der Murmeltiere dort hoch wollen? Nein! Hätte sowieso keiner verstanden.


Murmeltiere - die perfekte Mischung aus Meerschweinchen und Eichhörnchen. Mit einem Touch Erdmännchen. Ja, so wirken sie auf uns. Diese pelzigen Säugetiere. Wir wissen, wo sie leben. Theoretisch zumindest. Sie bevorzugen höhere Lagen. Zwischen 1.500 und 2.000 Meter über dem Meeresspiegel. Da passt es ihnen. Sie bauen sehr ausgedehnte Gangsysteme und fressen so ziemlich alles. Gräser, Kräuter, Samen und Insekten. Ob es uns gelingen wird, sie beim Mampfen aufzuspüren? Auge in Auge einem Murmeltier gegenüber stehen - das wäre unser Traum.  

Die Aufregung ist enorm und sie steigt weiter an, je höher wir mit unserem Wohnmobil die kurvige Hochalpenstrasse hinauf fahren. Schnell lassen wir die Pässe Fuscher Törl und Hochtor hinter uns. Wo andere stehen bleiben und die Aussicht genießen oder Alpendohlen beobachten, treten wir weiter auf's Gas. Unser Ziel ist die Kaiser-Franz-Josefs-Höhe. Das ist ein Aussichtspunkt am Ende einer Stichstrasse in 2.369 Metern Höhe. Eigentlich fast schon zu alpin für Murmeltiere - glaubt man der einschlägigen Fachliteratur. Doch wir haben etwas anderes gehört. 


Nach etwa anderthalb Stunden haben wir unser Ziel erreicht und sehen zum ersten Mal auf das gigantische Bergmassiv, das den Großglockner umgibt. Von unserem Parkplatz aus sind nur wenige Kilometer Luftlinie bis zur Pasterze, der Gletscherzunge des Glockners. Doch wieder halten wir uns nicht lange mit dem Panorama auf. Jetzt geht es ans Eingemachte! Die Spurensuche kann beginnen... Allerdings erleben wir schnell eine Überraschung.


Dass es so einfach sein würde, Murmeltiere in freier Wildbahn zu entdecken, haben wir uns nicht gedacht. Kaum sind wir ein paar Meter Richtung Gletscher gelaufen, entdecken wir das erste Exemplar. Es sitzt an einem Abhang neben dem Weg und stopft sich genüsslich Wiesenkräuter ins Maul. Von Scheu keine Spur. Wir lassen unseren Blick schweifen und entdecken ganze Murmeltier-Familien zwischen Steinen und Gras. Manche haben ein helles Fell und sind relativ gut getarnt in dieser hochalpinen Landschaft. Andere hingegen geben sich gar keine Mühe, unentdeckt zu bleiben. Im Gegenteil. Wir haben das Gefühl, die Murmeltiere sehen uns erwartungsvoll an. Wie kommt das denn?


Das Rätsel bleibt nicht lange ungelöst. Wir beobachten einen Spaziergänger vor uns, wie er Karotten und Brot in die Abhänge zu den Murmeltieren wirft. Aha! So läuft das also hier. Die Murmeltiere haben ihre Scheu verloren, weil sie offenbar regelmäßig gefüttert werden. Echt blöd! Was treibt so viele Menschen an, wildlebende Tiere mit mitgebrachten Speisen zu versorgen? Das entspricht nicht unserer Philosophie und irgendwie verdirbt es uns ein wenig die Freude über die schönen Bilder, die wir gemacht haben. 


Wir verlassen die Franz-Josefs-Höhe und fahren zurück bis nach Schöneck. Dort ist kaum etwas los. Vergleichsweise wenig Wanderer und Touristen verirren sich auf diesen Parkplatz. Also starten wir einen zweiten Versuch. Wir marschieren Querfeldein. Denn wir wollen wenigstens ein "echtes" Bild. Eines, das wirklich 100% Natur zeigt. Angefütterte Murmeltiere, die für unsere Kamera Parade stehen, brauchen wir nicht.


Ganz leicht ist es nicht, abseits der Wege die Orientierung zu behalten und gleichzeitig aufmerksam genug zu sein, um gut getarnte Murmeltiere zu entdecken. Doch wir bekommen es hin. Was wir aufspüren, ist für unsere Begriffe sogar richtig spektakulär. Ein Murmeltier Auge in Auge - zwar nicht mit uns - aber mit etwas viel Besserem: einer frechen, schwarzen Alpendohle. Cool!

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Kommentare: 2
  • #1

    Scampi (Sonntag, 16 August 2015)

    Die meisten Menschen sind schon echt faul und träge. Warum gehen sie nicht einfach in den Zoo und glotzen dort die Tiere an, die ausgestellt auf die Betrachter warten. Wie schön es doch ist die Natur zu erkunden, da kann die ganzen Familie mit. Die Natur wartet mit so vielen Überraschungen. Das kann kein Erlebnispark bieten. Eure Anregungen finde ich sehr gut.

  • #2

    Klaus Werning (Donnerstag, 25 Januar 2018 11:37)

    Vielen Dank für diesen interessanten Bericht.