Thriller-Atmosphäre in Enzingerboden

Tor zum Naturschatz Weißsee

Wir haben in den Tag hinein gelebt, herum getrödelt, einen zu unserer Enttäuschung schmetterlingsfreien "Schmetterlingspfad" im Nationalpark Hohe Tauern bewandert und nun stehen wir hier: an einem Wegkreuz am Dorfrand von Uttendorf. Wo sollen wir hin? Ist irgendwie alles langweilig heute. Die perfekte Stimmung, um einen Streit anzufangen. Doch zwei winzige Wörtchen auf einer Wanderkarte retten uns davor. Sie lauten "Gletscherwelt" und "Weißsee". Ohhhhh jaaaa.... DAS könnte was für uns sein!

Wie wir fahren müssen, wissen wir nicht genau. Richtung Enzigerboden steht auf der Karte. Also folgen wir dem ersten und - wie wir erst später merken werden - letzten Verkehrsschild mit dieser Aufschrift. Erst geht es raus aus dem Dorf und dann eine immer steiler werdende Bergstrasse hinauf. Sie ist schmal, brüchig und verdammt kurvig. Bald sind es fast 180 Grad Biegungen, die wir mit unserem Wohnmobil nehmen müssen. Zum Glück kommt uns kein einziges Auto entgegen. Denn Ausweichen wäre fatal in diesen Nadelöhren. Nach etwa 20 Minuten haben wir die Nase ziemlich voll von dem Gewackel. Doch Umdrehen können wir auch nicht mehr. Keine Chance - auf dieser enger Strasse. Selbst Giftzwerg und Sir Wolle sind langsam genervt. Wie lange soll das noch so gehen? 

Als wir kurz davor sind, endgültig die Krise zu bekommen, sehen wir plötzlich einen großen Platz und ein paar Häuser vor uns. Es ist der Ort Enzigerboden. Doch so haben wir uns den nicht vorgestellt. Was wir hier sehen erinnert uns mehr an den Tatort aus einem Gruselfilm als an ein malerisches Bergdorf. Da sind: ein verlassener Spielplatz, ein Gasthaus ohne Gäste, ein paar zugenagelte Ferienhäuser und in etwa 300 Meter Entfernung eine Seilbahn, die sich kein Stück bewegt. Wo sind wir da nur hingeraten?

 

Wir parken unser Wohnmobil unter einem Schatten spendenden Baum und steigen aus. Ganz wohl ist uns nicht. Doch abgesehen davon, dass dieses Fleckchen Erde vollkommen leergefegt wirkt, ist die Landschaft drum herum recht einladend. Wir entdecken einen Fluss, einen See, viele 3000er Berge und zwei grunzende Hausschweine, die sich freuen als wir ihnen Klee zustecken. Fragt sich nur, wo all die Menschen geblieben sind?

 

Wir gehen hoch zur Kabinenseilbahn und erkennen, dass wir offenbar einfach etwas spät dran sind. Es ist kurz nach 17 Uhr. Alles geschlossen und verrammelt. Nur ein überdimensionaler Lageplan zeigt uns an, dass wir hier richtig sind, wenn wir zur Gletscherwelt und zum Weißsee wollen. Theoretisch müssten wir nur die Seilbahn nehmen und zwei Stationen hoch fahren. Aber das ist erst morgen früh wieder möglich. Hm...  


Das mulmige Gefühl im Bauch will einfach nicht weg gehen. Trotzdem bleiben wir. Eine Nacht auf diesem gruseligen Parkplatz vor der Seilbahn wird uns schon nicht umbringen, oder? Wir kuscheln uns ein und hoffen das Beste. Allerdings erwartet uns der blanke Horror. Die ganze Nacht über blitzt und donnert es wie verrückt. Ein Sturm mit heftigen Regenschauern fegt über uns hinweg. Das Wohnmobil wackelt und wankt. Zwei Mal wähnen wir Chucky, die Mörderpuppe, vor unserem Guckloch - und sind wahnsinnig erleichtert als wir feststellen, dass es nur Äste sind. Doch Schlaf finden wir kaum. Unmöglich - dieser verwunschene Ort! 

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